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Interview: "Müssen am Image des Berufs arbeiten"

Ralf Wibiral von der Fritz-Erler-Schule erklärt, warum Erzieher Mangelware sind


Laut Ralf Wibiral, Leiter der Berufspädagogischen Schule an der Fritz-Erler-Schule, sind knapp ein Drittel aller Ausbildungsplätze im Jahr nicht besetzt. FOTO: THOMAS POSTATNY


TUTTLINGEN – Zu viele Kinder für zu wenige Erzieherinnen – viele Betreuungseinrichtungen in der Region beklagen einen Mangel an Erzieherinnen und haben Probleme, offene Stellen zu besetzen. Unter anderem in Neuhausen ob Eck und in Tuttlingen mussten Kitas zuletzt ihre Öffnungszeiten reduzieren, weil die Aufsichtspflicht nicht mehr gewährleistet werden konnte. Nach Ansicht von Ralf Wibiral, Leiter der Berufspädagogischen Schule an der Fritz-Erler-Schule, liegt der Kern des Problems vor allem darin, dass der Erzieher-Beruf ein schlechtes Image hat. Mit Volontärin Linda Egger hat er über Vorurteile und mögliche Lösungsansätze gesprochen.

Herr Wibiral, wie viele Erzieherinnen fehlen uns denn aktuell und warum gibt es so wenig Nachwuchs in diesem Beruf?

Bis zum Jahr 2030 fehlen in Deutschland knapp 200.000 Erzieher. Durch den Anspruch auf einen Krippenplatz, den Eltern seit 2013 haben, ist der Bedarf stark angestiegen. Hinzu kommt noch die Flüchtlingsthematik, die den Markt zusätzlich leergefegt hat. Denn Erzieher arbeiten ja nicht nur in Kindergärten, sondern zum Beispiel auch in der Jugendhilfe. Außerdem hat der Beruf einen starken Wandel durchlebt. Die Ganztagesbetreuung in den Kitas nimmt stetig zu. Dass es so wenig Nachwuchs gibt, liegt für uns aber vor allem am Image des Erzieherberufs.


Wie sieht es denn auf dem Ausbildungsmarkt derzeit konkret aus?

Wir haben bei den Erziehern knapp 90 Ausbildungsplätze im Jahr. Davon bekommen wir seit Jahren nur etwa 65 besetzt. Es gibt also genug Plätze, aber es fehlt an Bewerbern. Und das obwohl die Politik die Zugangsvoraussetzungen in den letzten Jahren erleichtert hat. Inzwischen gibt es neben der normalen, schulischen Ausbildung auch noch eine praxisintegrierte Ausbildung, PIA genannt. Im Landkreis Tuttlingen haben wir für das Schuljahr 2019/2020 etwa 20 PIA-Stellen und hatten im laufenden Schuljahr erstmals mehr Plätze als Bewerber.

Immer wieder hört man Klagen, Erzieherinnen würden schlecht bezahlt. Stimmt das aus Ihrer Sicht?

Das höre ich oft und das ist für viele das Hauptargument gegen diesen Beruf. In den vergangenen Jahren hat sich da jedoch viel getan. Ab April werden Erzieher nach Tarif höher eingestuft auf ein Einstiegsgehalt von 3.005 Euro monatlich. Wenn ich das Einstiegsgehalt mit anderen Ausbildungsberufen vergleiche, dann stehen wir gleich oder besser da als beispielsweise der Bankkaufmann oder der Verwaltungsfachangestellte. Wie viel am Ende des Monats übrigbleibt, hängt stark von der Lohnsteuerklasse ab und davon, ob man Voll- oder Teilzeit arbeitet. Gleichzeitig ist es aber so, dass Erzieherinnen vor dem Hintergrund ihres Ausbildungsniveaus trotzdem zu wenig verdienen.

Inwiefern?

Nach dem sogenannten Deutschen Qualifikationsrahmen sind Erzieher der Stufe 6 zugeordnet, zu der auch Techniker, Meister und Bachelor gehören. Für einen Beruf mit diesem Ausbildungsniveau wird in der freien Wirtschaft mehr bezahlt, als ein Erzieher bekommt. In Summe ist die Arbeit der Erzieher also finanziell immer noch zu wenig wertgeschätzt.

Was müsste aus Ihrer Sicht getan werden, um die Lücken in den Kitas wieder zu füllen?

Die Einführung der PIA-Stellen hat schon viel dazu beigetragen. Auch Erzieher müssten am Image ihres Berufs arbeiten und die positiven Aspekte mehr nach außen tragen. Insgesamt sollte die Attraktivität des Berufs transparenter gestaltet werden, daran versuchen wir, zu arbeiten. Vielen ist immer noch nicht klar, dass eine Kita mittlerweile eine Bildungseinrichtung ist.

Was macht den Beruf aus Ihrer Sicht attraktiv?

Die Arbeit ist sinnstiftend, weil man nicht nur mit, sondern am Menschen arbeitet. Man kann seine Arbeit frei gestalten, selbständig arbeiten und dabei eigene Stärken und Hobbys mit einfließen lassen. Heute ist es außerdem möglich, während der Ausbildung die Fachhochschulreife zu machen und später zu studieren. Wer gerne Verantwortung übernimmt, für den bietet sich eine Leitungsfunktion oder eine Zusatzqualifikation im Organisations- und Sozialmanagement an.

Wie versuchen Sie an Ihrer Schule, mehr junge Menschen für den Beruf des Erziehers zu begeistern?

Wir versuchen, das Image des Erzieherberufs zu verbessern. Zum Beispiel klären wir darüber auf, dass Erzieher nicht nur in Kitas arbeiten, sondern zum Beispiel auch an Schulen in der Ganztagesbetreuung, in Tuttlingen etwa bei Mutpol. Auch hatten wir kürzlich einen Austausch mit Berufsberatern der Agentur für Arbeit. In einem Arbeitskreis mit Stadt, Landkreis, den kirchlichen Trägern der Kindergärten und Mutpol setzen wir uns regelmäßig zusammen und beraten, wie wir Fachkräfte für erzieherische Berufe im Landkreis gewinnen können. Auch bei der Ausbildungsbörse sind wir vertreten und stellen den Beruf in Schulen vor.


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