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Freies Lernen ist in Deutschland durch die Schulpflicht stark reglementiert. Doch im Schatten des Schulbetriebs wachsen alternative Angebote. Für viele Schüler tun sich so neue Möglichkeiten auf.

Wenn das Lernen in der Schule Kinder überfordert, helfen manchmal nur noch alternative Lernangebote auf dem Weg zum Schulabschluss. (Foto: dpa)

Serhan (Name geändert) sitzt lässig auf dem Stuhl, Oberkörper leicht zurückgelehnt, die Beine cool übereinandergeschlagen. Doch wenn er spricht, wirkt der 18-Jährige sehr zielstrebig: "Ich habe ein Jahr gechillt. Das war mir zu langweilig. Ich möchte was erreichen im Leben." Serhan ist der Jüngste im Kurs vom "Haus der Lebenschance". Verschiedene Schulen hat er besucht. Zurecht kam er nie: "Falsche Freunde, die familiäre Situation – ich bin rausgerutscht aus der Bahn."

Elf junge Menschen von 18 bis 26 Jahren bekommen hier gerade eine zweite Chance auf den Hauptschulabschluss und so die Möglichkeit, ihr Leben in den Griff zu kriegen. "Die meisten blicken auf eine lange Karriere von Hilfen und Systemen zurück. Wenn die Familie weggebrochen ist, können Schulen meist nicht helfen", erklärt Sozialarbeiterin Maria Süßenguth.

Auch bei der Diakonischen Jugendhilfe-Einrichtung Mutpol in Tuttlingen hat man gute Erfahrungen mit alternativen Lernformen gemacht. "Wir sind für die Kinder da, die in der Regelschule aktuell nicht funktionieren", sagt Schulleiter Volker Schmidt. Bis vor 15 Jahren waren sie eine klassische Jugendhilfe-Einrichtung mit Schule. Nun haben sie rund ein Dutzend Standorte – dezentral – mit knapp 300 Schülern inklusive Berufsschule.

"Wir sind eine Durchgangsschule. Das Ziel ist die Rückkehr an die Regelschule" erklärt Schmidt. Pro Jahr gelinge das bei rund zehn Prozent der Kinder. Schmidt kritisiert: "Die Regelschulen sind oft zu mittelschichtorientiert und verstehen viele Kinder und Jugendliche gar nicht. Ich fände es sinnvoll, wenn sie sich mehr um benachteiligte Kinder kümmern würden."

Schwieriger wird es mit dem alternativen Lernen, wenn Kinder weitgehend von zu Hause aus lernen wollen. Denn hier schiebt der Staat mit der Schulpflicht einen Riegel vor. Jonathan Erz, dessen Frau aus Kanada kommt, sieht das differenzierter. "In Nordamerika ist Homeschooling gang und gäbe, und meine Beobachtung ist, dass solche Kinder oft reifer und ruhiger sind", sagt der Vater von neun Kindern.

Warum nicht Ansätze dieses pädagogischen Konzepts in einer Privatschule verwirklichen, fragte er sich. Er suchte einen Weg und schuf etwas Neues. Das Konzept wurde im Herbst 2008 in Bad Urach auf den Weg gebracht ("Uracher Plan"). Es ist geprägt von einer engen Bildungspartnerschaft zwischen Schule, Eltern und Schülern und wird von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg unterstützt.

Die Dietrich Bonhoeffer Internationale Schule nahm im Januar 2014 ihren Schulbetrieb auf. Formal läuft die Einrichtung als Internationale Schule und damit als Ergänzungsschule in privater Trägerschaft. Sie orientiert sich am baden-württembergischen Bildungsplan. Schulträger ist die Landesvereinigung für dezentrales Lernen, deren Vorsitzender Erz ist. "Wir lassen den Kindern viel Freiheit, aber wir haben schon einen schulischen Anspruch", sagt er.

Noten gibt es nicht, aber einen halbjährigen Lernbericht. Erz: "Die Kinder sind selbstständiger und sind an Abschlussprüfungen und landesweiten Vergleichsarbeiten bisher weit überdurchschnittlich." Erz stellt aber klar: "Die Eltern haben eine wesentlich stärkere Erziehungsverantwortung. Nicht alle wollen das – und können es auch." Anfragen kämen trotzdem aus ganz Deutschland. Der Initiator betont: "Wir rütteln nicht an der Schulpflicht. Es ist eine Schule. Wir führen sie nur etwas anders." Letztlich brauche es so eine Zwischenform zwischen Sonder- und Regelschule.

Etwa für den Jungen mit dem chronischen Asthma. Bis zu 80 Tage im Schuljahr fehlte er auf der Regelschule, und seine Noten stürzten ab. An ihrer Schule könne er nun problemlos lernen - weil er eben vieles von daheim erledigen kann.

Eigenständig und unabhängig

Präsenz Laut Jonathan Erz, Vorsitzender der Landesvereinigung für dezentrales Lernen, sind Schüler in Entscheidungsprozesse stärker eingebunden. Selbstständiges Lernen gehört zu den Basics. Pro Woche gibt es an der Dietrich-Bonhoeffer-Schule (DBIS) etwa nur einen Schultag – für "Präsentation, Evaluation und auch für die soziale Kompetenz". In einigen Fächern wird verstärkt mit Videos gearbeitet, die Schülern ein eigenständiges Lerntempo ermöglichen und sie vom Lernort Schule unabhängig machen.

Uracher Plan

Die DBIS legt großen Wert auf Englisch, aber auch auf neue Lernformen wie das "virtuelle Klassenzimmer" über eine Plattform.


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