Bewertung: 5 / 5

Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv
 

Supermarkt gibt Mutpol-Schülern Starthilfe im Job

Im Tuttlinger Nahkauf machen Jugendliche einmal pro Woche Praktikum

Von Birga Woytowicz

 

(Foto: Birga Woytowicz)


TUTTLINGEN – Vorsichtig manövriert Tino einen Hubwagen voll mit Bierkästen durch den engen Supermarktgang. Er grinst. Die Verräumung der Getränke ist eine seiner Lieblingsaufgaben. Jeden Dienstag kommt er in den Nahkauf-Markt am Tuttlinger Busbahnhof, um für seine berufliche Zukunft zu üben. Tino ist Autist und lernt an den restlichen Werktagen an der Gotthilf-Vollert-Schule des Jugendhilfevereins Mutpol. Schon seit Jahren kooperiert der Verein mit dem Supermarkt, damit die Schüler Praxiserfahrung sammeln.

Immer von 8 bis 15 Uhr ist Tino dienstags im Markt zusammen mit drei Mitschülern. Sie alle besuchen die kaufmännische Klasse des Vorqualifizierungsjahres für Arbeit und Beruf (VAB). Das Förderangebot soll die Jugendlichen für den Ausbildungsmarkt fit machen. "Das ist eine Zwischenstufe für die, die einen erhöhten Lernbedarf haben", erklärt Klassenlehrer Oliver Pflock. Es gehe darum, soziale und fachliche Kompetenzen zu vertiefen und diese auch praktisch anzuwenden. "Wir können aber schlecht einen Verkaufsladen in die Schule bauen." Für die Übung brauche es daher einen Kooperationspartner.

Seit 2016 stellt Albert Schnee seinen Supermarkt im Stadtzentrum zur Verfügung. Schon davor hatte er einige Menschen mit Behinderung ausgebildet. Eine pädagogische Ausbildung hat er nicht. "Das ist manchmal schon herausfordernd. Einer hat sich mal mitten in den Laden gesetzt und den Kunden den Weg versperrt." Da müsse er durchgreifen. "Aber natürlich auch immer Mensch bleiben. Ich möchte den Jugendlichen eine Chance geben." Nicht jeder nutze diese. "Es gibt aber auch die, die kommen und direkt ins Lager gehen und sich um die Milchprodukte zu kümmern. Die arbeiten fast selbstständig", sagt Schnee.

Regale einräumen, das Mindesthaltbarkeitsdatum kontrollieren, den Müll entsorgen – es gibt genug zu tun. "Ich räume am liebsten die Getränke ein, da kann ich den Hubwagen benutzen", sagt Tino. Sein Klassenkamerad Edgar findet das zu anstrengend und auch ein bisschen monoton. "Man muss halt immer wieder dasselbe machen", sagt der 17-Jährige.

Bei einem Heizungsbauer hat Edgar auch schon ein Praktikum gemacht. Oder vielleicht wäre die Metall-Feinbearbeitung etwas für ihn, schlägt Klassenlehrer Pflock vor. "Die Schüler machen bewusst vier Wochen Praktika in einem Schuljahr, damit sie sich umorientieren können." Manche Jobs gefallen nicht, bei anderen sind die Hürden zu groß.

Tino wollte mal Fahrdienstleiter werden. Im vergangenen Jahr hat er bei der Bahn reingeschnuppert, stellte sich im Praktikum gut an. Aber der Einstellungstest war zu schwer. "70 bis 80 Prozent der Bewerber fallen da durch. Das lag also nicht nur an mir." Der 18-Jährige nimmt es gelassen. Er kann sich vorstellen, später mal im Supermarkt zu arbeiten. "Das ist schon nicht so schlecht."

Auch wenn er selbst noch nicht komplett überzeugt ist: Albert Schnee würde sich freuen, ihn irgendwann beim Einkaufen zu treffen. "Wenn ich Schüler wiedersehe in einem Laden, macht mich das schon stolz. Irgendwie war ich dann ja daran beteiligt." Selbst wenn es nur einer aus der Gruppe schaffe, habe sich seine Arbeit schon gelohnt.


kompletten Artikel als .pdf lesen