• Herzlich Willkommen bei Mutpol
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TUTTLINGEN – Die hohe Zahl unbegleiteter minderjähriger Ausländer (UMA), die seit Wochen hier im Landkreis ankommt, stellt vor allem Mutpol, die diakonische Jugendhilfe Tuttlingen, vor enorme Herausforderungen. Redakteurin Ingeborg Wagner unterhielt sich darüber mit Dieter Meyer, dem Gesamtleiter und pädagogischen Vorstand der Jugendhilfeeinrichtung.

Herr Meyer: Sie haben ein Schulhaus geräumt, um minderjährige Flüchtlinge, die alleine hier gelandet sind, unterzubringen.

Ja. Wir haben verschiedene Häuser auf dem Gelände. Eines davon haben wir umfunktioniert zu Schlafgelegenheiten, zudem gibt es einen Aufenthaltsraum und Küche. Essen können die Jugendlichen bei uns im Kommunikationszentrum. Aber das ist nur eine Notlösung und war der Situation geschuldet, dass wir von heute auf morgen Raum gebraucht haben.

Sie sprechen dabei von den 48 UMAs, die bei Nacht und Nebel in der bedarfsorientierten Aufnahmestelle (BEA) in Immendingen angekommen sind?

Ja genau. Viele davon sind in andere Landkreise weitergereist oder waren nicht mehr auffindbar. Zunächst haben wir 18 Jugendliche untergebracht, jetzt leben noch 13 im Schulhaus. Für dieses Projekt suchen wir dringend Räumlichkeiten, wir brauchen das Schulhaus wieder für den normalen Betrieb.

Sie stoßen an Ihre Grenzen. Das haben Sie im Jugendhilfeausschuss deutlich gesagt. Wie stellt sich das im Alltag dar?

Wir betreuen zwischen 500 und 600 Jugendendhilfe und Familien und haben über 300 Mitarbeiter. Durch das neue Thema der UMAs haben wir für Wohngruppen in dieser Größenordnung kein Personal. Das heißt, wir müssen unsere Mitarbeiter fragen, ob sie bereit sind, Überstunden zu machen. Das geht vorübergehend, aber nicht auf Dauer, deshalb suchen wir händeringend Personal. Aber da sind wir nicht die einzigen. Kommenden Montag fängt eine neue Mitarbeiterin an, in den Wochen darauf nochmals zwei. Dann fehlen uns aber immer noch mindestens zehn Leute für verschiedene Projekte.

Was erzählen die Kinder und Jugendlichen? Was haben sie erlebt?

In der Regel sind das Jugendliche. Und sie haben Schreckliches erlebt. Es geht aber nicht darum , die jungen Menschen permanent nach ihrer Fluchtgeschichte "auszufragen", sondern darum, dass sie das Gefühl haben, sie sind willkommen, sind an einem sicheren Ort, können sich beruhigen und erholen. Das sind die Themen. Natürlich kann ich Ihnen Geschichten erzählen von Folterungen, wie flüssiges Plastik auf den Rücken eingebrannt wurde, von der Ermordung von Verwandten oder Erlebnissen, wie der Flucht über das Mittelmeer. Viele Verbindungen zu Verwandten oder Freunden sind unterwegs abgerissen oder die Jugendlichen sind alleine losgeschickt worden. Nun geht es darum, zu schauen, ob es hier Verwandte gibt.

Ein Mitarbeiter hat einen UMA bei sich aufgenommen. Wie kam es dazu?

In dem Fall fungieren der Mitarbeiter und seine Familie als Gastfamilie, der Jugendliche lebt in einer Einliegerwohnung im Haus. Die beiden haben sich kennengelernt und immer wieder getroffen. Offensichtlich konnte man sich ein Zusammenleben von beiden Seiten her vorstellen. Nur so funktioniert das auch.

Mutpol engagiert sich jetzt auch in Donaueschingen. Das verschärft den Druck auf Sie und die Mitarbeiter doch noch weiter.

Das stimmt. Der Punkt ist aber, dass die Not dort groß ist. In Donaueschingen gibt es drei BEAs, ich bin vom dortigen Jugendamt angesprochen worden, die vorläufige Inobhutnahmestelle für die unbegleiteten Jugendlichen mit zu organisieren. In dieser speziellen Situation haben wir gesagt, dass wir bereit sind, dort tätig zu werden. In den BEAs gibt es einfach unbegleitete Jugendliche, die dort nicht gut aufgehoben sind. Da fühle ich mich ein Stückweit auch verantwortlich.

Können Sie den normalen Betrieb überhaupt noch aufrecht erhalten?

Ja, wir versuchen dies, wir versuchen unsere "normalen" Leistungen in gewohnter Qualität zu liefern; das ist auch ganz wichtig für uns. Wir wollen mittelfristig die Bereiche gut voneinander unterscheidbar machen. Zukünftig wird es mehr Mitarbeiter geben, die sich ausschließlich um die UMAs kümmern. Das Kerngeschäft darf darunter nicht leiden.


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